“Die Kinder spielen doch nur! Wann lernen die mal was?”

Das Bild wurde vom tollen Daniel Droll gemacht.

Spielen ist doch kein Lernen!

“Die Kinder spielen doch nur! Wann lernen die mal was?” Das sind Worte, die so oder so ähnlich oft fallen. Von außen betrachtet sehen “Zaungäste” (oft Eltern oder andere Erwachsene), dass Kinder rennen und schreien und vielleicht als andere Personen verkleidet sind. Sie spielen Einkaufen, Feuerwehr, Baustelle, Superwesen und Familie. Was dort wirklich passiert, nehmen Außenstehende kaum wahr und deuten es als Spielen. Und Spielen ist ja kein Lernen! Oder doch?

Der Spaß am Ernst

Kinder haben wie wir Erwachsene mehr Energie und Interesse, wenn wir dabei Spaß haben. Bei uns Erwachsenen kann es das Lesen eines wissenschaftlichen Buches, das Einrichten der Wohnung oder unsere Arbeit sein. Aber nicht nur die Dinge, die wir als gesellschaftlich nützlich erachten, machen uns Spass und nicht nur bei denen lernen wir etwas.

Der Weg ist das Ziel

Nehmen wir das Puzzeln als Beispiel. Einige Kinder und auch viele Erwachsene machen das sehr gerne in ihrer freien Zeit. Es geht manchen nicht um das Endergebnis, also das fertige Bild, sondern um die tatsächliche Tätigkeit des Suchens und Sortierens. Das, was ihnen Spass bereitet, lehrt sie vielleicht eine aufmerksamere Betrachtung ihrer Umgebung und so können sie schon mit einem ersten Blick mehr Feinheiten wahrnehmen. Oder sie haben mehr Geduld, um eine langwierige Aufgabe, die hohe Konzentration erfordert, zu absolvieren. Ob das wirklich so ist, hängt natürlich von den Personen ab, aber das Potenzial, dies zu lernen, steckt im Puzzeln.

Spiel, Spaß und Sport

Manche bewerten das Puzzeln anders als andere Spiele oder sortieren es gar nicht in die Kategorie Spiele ein, denn was wir als Spiel wahrnehmen und bewerten, ist durch viele Faktoren beeinflusst. Schach gilt z.B. für mich als Spiel, ist aber auch als Sport der Olympischen Spiele anerkannt und zählt somit auch offiziell zur Kategorie Sport. ( https://www.deutsche-schachjugend.de/sport/ ) Neben der Wertigkeit, ob etwas ein Spiel ist oder nicht, bewerten wir auch das Spiel selbst als “Wertvoll” oder nicht. Schach wird z.B. “das königliche Spiel” genannt ( https://de.wikipedia.org/wiki/Schach ) was sprachlich schon eine gewisse Wertigkeit mitbringt.

Digitale Medien

Wenn wir uns in die digitale Welt begeben, verändert sich die gefühlte Wertigkeit schlagartig. Digitale Bücher im Vergleich zu gedruckten Bücher haben einen anderen Stellenwert (das ist ein ganz eigenes Thema) und so ist es gefühlt auch, wenn wir digitales Schach gegenüber physischem Schach stellen. Nehmen wir jetzt ein ganz anderes Spiel wie z.B. Civilisation VI ( https://civilization.com/de-DE/ ), gehen Lernfelder verloren: “Der hockt ja nur am Rechner und zockt irgendwas!” Betrachten wir aber nicht das möglicherweise vorurteilsbehaftete Medium sondern den Inhalt des Spiels, kommen wir schnell auf viele Potenziale, die gelernt werden können.

Strategie und Reaktionsfähigkeit

Civilisation VI gehört zu der Gruppe der Globalstrategiespiele ( https://de.wikipedia.org/wiki/Globalstrategiespiel ) und beinhaltet historische Figuren mit deren Geschichten und historischen Hintergründen. Das Steuern einer ganzen Nation fordert ein Gespür für Wirtschaftlichkeit, Taktik, Religion und Politik, sowie die Fähigkeiten, Ereignisse vorherzusehen und adäquat darauf zu reagieren. Das Spiel kann allein gegen die künstliche Intelligenz in Form von mehreren Nationen oder im Multiplayer mit bis zu zwölf Spielenden gespielt werden. Es finden Turniere wie der CIV-Gipfel von den Rocket Beans ( https://www.youtube.com/watch?v=xBBn-kNO0eE ) statt, die sich mit zeitbegrenzten Zügen über mehrere Stunden voller Konzentration erstrecken.

Die Potenziale

Betrachten wir die möglichen Potenziale, verbirgt sich hinter “Der zockt ja nur!” eine Mischung aus Lernfeldern, die spielerisch erforscht werden. Wie viel Potenzial in den einzelnen Lernfeldern wirklich steckt, hängt von den Personen ab, wie es auch schon beim Puzzle war. So unterschiedlich, wie wir alle sind, so unterschiedlich sind die Dinge, die uns Spaß bereiten und somit das, was wir damit lernen.

Die Perspektivwechsel

Mit dem Blick zurück auf die Kinder tun wir Erwachsene viele Dinge im Alltag, die sie noch nicht richtig verstehen. Deswegen spielen sie uns oder das, was sie gesehen haben, nach. Diese Art von Rollenspiel hilft ihnen, die Perspektive zu wechseln und so mit den möglichen Problemen konfrontiert zu werden. So gehen sie einkaufen und müssen sich alles merken, was gekauft werden soll. Sie sind die Feuerwehr und müssen einen Brand oder Unfall unter Kontrolle bringen. Auf der Baustelle müssen sie schwer arbeiten und Sicherheitskleidung tragen. Die Superwesen können fliegen, schnell rennen und müssen moralisch richtig handeln. In der Familie regeln sie Alltagsdinge.

Der Wert im Spiel

Vielleicht stellt sich also nicht die Frage, wann die Kinder denn endlich etwas lernen, sondern, welchen Wert wir im Spiel sehen und was wir mit dem Thema Lernen verbinden.

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